Landtagsabgeordnete Fadime Tuncer informiert sich bei den Stadtwerken über die Wärmewende
Ein Hausbesitzer in der Weinheimer Kolpingstraße hat das mit der Wärmewende mal eben in die eigene Hand genommen. Inspiriert vom neuen, interaktiven Wärmeportal der Stadtwerke zog er durch seine Nachbarschaft, leistete Überzeugungsarbeit und sammelte Unterschriften. 28 Anwohner bekam der engagierte Bürger schließlich zusammen, die nun gemeinsam auf Fernwärme umstellen wollen. „Ein tolles Beispiel, wie Einzelne aktiv werden und die notwendige Wärmewende voranbringen können“, schwärmte die Landtagsabgeordnete Fadime Tuncer jetzt bei ihrem Besuch der Stadtwerke im Weinheimer Breitwieserweg.
Vor Ort informierte sich die Grünen-Abgeordnete beim Geschäftsführer des kommunalen Unternehmens, Alexander Skrobuszynski, über die lokale Wärmeplanung. Es sei ein „gigantisches Projekt“, berichtete der hochmotivierte Betriebswirt mit IT-Background und Philosophie-Studium, der die Stadtwerke seit 2022 leitet. „Aber wir sind auf dem Weg!“ In der Tat: Weinheim ist eine von bisher 470 der rund 1100 baden-württembergischen Kommunen, die freiwillig einen kommunalen Wärmeplan erstellen. Ziel ist es, in Baden-Württemberg bis 2040 landesweit klimaneutral Wärme zu produzieren. „Es ist wirklich beeindruckend, dass Weinheim mit so viel Tempo, Kreativität und Energie vorangeht“ würdigte die Abgeordnete die Zwei-Burgen-Stadt und ihre Stadtwerke.
„Die Wärmewende ist eine Gemeinschaftsausgabe, bei der wir die Stadtgesellschaft mitnehmen und begeistern müssen“, so Skrobuszynski, der mit seinem Team deshalb kreativ in die Offensive geht. Ein zentrales Werkzeug ist das online-Wärmeportal, auf dem sich die Bürger und Bürgerinnen nicht nur umfassend informieren, sondern auch selbst aktiv und Teil der community werden können – ein Tool übrigens, das deutschlandweit Beachtung findet und schon Nachahmer gefunden hat. Auch die Stadtwerke-Website wurde diese Woche in benutzerfreundlichem, modernem Design relauncht. Torsten Friedrich, Leiter der Stabstelle Kommunikation & Marketing, kümmert sich um Informationsveranstaltungen, Vereinskooperationen, Projektunterstützungen und Marketing-Ideen wie die neue Hawei-Brause, die Vereine für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt bekommen. „Schmeckt super,“ lobte die Landespolitikerin die neue Ananas-Limonade, die es am Pellet-Kraftwerk zu probieren gab.
Dass der Kommunikationsaufwand angesichts des „Monsterprojektes“ notwendig ist, zeigen die Zahlen. Deutschland hat einen pro-Kopf Ausstoß von 9,6 Tonnen CO² pro Jahr. Das sind fast drei Tonnen mehr als der europäische Durchschnitt. Damit ist Deutschland pro Einwohner der fünftgrößte CO²-Emittent der Welt. Weit über 90 Prozent des Wärme-Energieverbrauchs – und damit auch des Einsparpotenzials – fallen in Weinheim wie anderswo auf private Gebäude.
„Wir müssen Energieverschwendung vermeiden und die Effizienz massiv steigern“, sagte Skrobuszynski. Das heißt: die aktuelle Sanierungsrate in Weinheim von drei Prozent - also von drei von 100 Häusern pro Jahr – muss signifikant hochgefahren werden, um die Emissionen in 15 Jahren von über 90 Prozent auf Null zu senken. Bei nicht unerheblichen Kosten für die Hauseigentümer und Personalmangel im Handwerk, sei das ein „super ehrgeiziges“ Unterfangen, so der Stadtwerke-Chef.
Die gute Nachricht: Weinheim sitzt potentiell auf einer Wärme-Goldgrube, nämlich der Geothermie, also heißen Quellen tief im Erdreich, die erschlossen werden können. „Das ist ein ganz großes Geschenk“, sagte Skrobuszynski. „Mit der Geothermie haben wir potentiell alles vor Ort, was wir für die Wärmewende brauchen“. Aktuell laufen die Probebohrungen. Bis 2028 soll klar sein, ob und in welchem Umfang die künftige Wärmeplanung auf Geothermie aufbauen kann. Bis dahin, und gegebenenfalls darüber hinaus, gilt es weiter die Erneuerbaren auszubauen, weiter zu diversifizieren und dezentral lokale Wärmequellen zu erschließen. Das kann das Abwassersammelbecken in der Weststadt sein - „interessante Wärmequelle, gewisse Menge, günstig“, so Skrobuszynski. Und selbst der Waidsee kommt als Wärmequelle in Frage. Schon jetzt nutzt Weinheim neben Erdgas Biomasse und Pellets, letztere als einigermaßen nachhaltige Brückentechnologie für die nächsten 20 Jahre, aus Sägespänen von Odenwälder Sägemühlen.
„Wenn wir es in Weinheim nicht schaffen, dann schaffen wir es nirgends. Aber wenn wir unsere Bevölkerung an Bord bekommen, dann stemmen wir das“, gibt sich der Stadtwerke-Chef zuversichtlich. Das Mindset des Stadtwerke-Teams jedenfalls stimmt: „Wir sind voller Energie“ lautet deren Werbeslogan.