Die Beauftragte des Landes für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Simone Fischer, und Fadime Tuncer MdL besuchten FFP2-Masken Produktion in Weinheimer Werkstatt.
Christina L.’s Stärke sind ihre geschickten Hände. Sie nimmt eine verpackte FFP2-Maske und ertastet, ob das Nasenschaumband an der richtigen Stelle sitzt und die Folie ordentlich zugeschweißt ist. „Ich finde es gut, dass ich trotz meiner Behinderung eine sinnvolle Arbeit habe“, berichtet die 39jährige, blinde Beschäftigte den Besucherinnen aus der Landespolitik. „Besonders in der Qualitätssicherung unserer Maskenproduktion kann ich das Feingefühl meiner Hände gut einbringen“, sagt sie stolz. Die grüne Landtagsabgeordnete Fadime Tuncer und Simone Fischer, Beauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg für die Belange von Menschen mit Behinderungen, sind von der hochwertigen Maskenproduktion in Weinheim-Süd beeindruckt. „Klasse, was die Gemeindediakonie Mannheim hier auf die Beine gestellt hat“, lobt Tuncer.
Zwei Millionen FFP2-Masken können jährlich in der Lützelsachsener Werkstatt vom Band laufen. Sie werden von Christina L. und ihren Kollegen und Kolleginnen geprüft, sortiert und in Kartons verpackt. 35 Menschen mit Behinderung stellen mit der Schutzmaske ein systemrelevantes Erzeugnis her. Das „für eine Werkstatt durchaus innovative Produkt“ erfüllt viele der Kriterien, auf die es heute ankommt: Regional, nachhaltig und sozial produziert, „mit sehr hoher Tragequalität und niedrigem Atemwiderstand“, sagt Gernot Scholl, Vorstand der Gemeindediakonie beim Rundgang durch die Halle. Das überschüssige Material der Maske wird recycelt und zum Teil als Dämmmaterial an andere Firmen abgegeben.
„Als während der Pandemie Engpässe an Schutzausrüstung herrschten, sind wir dem Aufruf der Politik nach einer Maskenproduktion in Deutschland gefolgt“, berichtet Projektleiter Norbert Obry von den Anfängen 2021. Mit Unterstützung der Hector-Stiftung wurden 1,2 Millionen Euro in die Fertigungsanlage investiert. Seit 2022 wird die vierlagige Maske mit dem Namen SIKONA® in Zusammenarbeit mit der Weinheimer Firma Freudenberg, dem Marktführer bei Vliesstoffen, in der Lützelsachsener Werkstatt der Gemeindediakonie gefertigt und versandfertig gemacht.
Inzwischen hat sich die Marktsituation jedoch „extrem verschärft“, sagt Obry. Die Nachfrage sei gesunken, die Konkurrenz groß. „Wir können nicht mit den billigen Produkten aus China konkurrieren“, erklärt der Projektleiter. Die Werkstatt beliefert die Agaplesion Pflegeheime und einzelne Krankenhäuser, braucht aber weitere Abnehmer, um den Fortbestand der Produktion zu sichern.
„Wir haben uns während der Pandemie vorgenommen, unsere Abhängigkeit vom Ausland bei lebenswichtigen Produkten zu reduzieren. Die SIKONA® -Maske ist ein hochwertiges, nachhaltiges Produkt aus lokaler Herstellung“, sagt die grüne Landtagsabgeordnete. „Bei Ausschreibungen sollten auch lokale Anbieter berücksichtigt werden und eine Chance bekommen, überhaupt wettbewerbsfähig zu sein.“ Schön wäre auch, wenn gerade hiesige Pflegeheime, Apotheken, Geschäfte und Krankenhäuser die lokal produzierten Masken kauften, wünscht sich Tuncer.
Die Landes-Beauftragte Simone Fischer verwies auf die UN-Behindertenrechtskonvention und das neue Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes, das seit Januar dieses Jahres in Kraft sei. „Menschen mit Behinderungen benötigen sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt“, betonte sie. Künftig werde mehr in Inklusionsbetriebe investiert und weniger in die althergebrachten Werkstätten. Ein Modell, das sie beispielsweise auch für die Maskenproduktion als sinnvoll erachten würde.
Neben der eigenen Maskenproduktion arbeitet die Werkstätte mehreren regionalen Firmen zu, unter anderen der Weinheimer Vileda bei der Verpackung von Filtern für Dunstabzugshauben, der Schwetzinger Firma Moll und der BWT Wassertechnik in Schriesheim.
Wieviel den Beschäftigten ihre Arbeit bedeutet, kann man an den Werkbänken und Packstationen sehen. Senior Ralf S. berichtet, dass er schon seit über 40 Jahren in der Werkstatt arbeitet und „viele Freundschaften geschlossen hat“. Am liebsten bedient er die neue Maschine, mit der die SIKONA® -Maskenkartons auf den Paletten festgezurrt werden.
Foto: Der 28jährige Weinheimer Sebastian K. (rechts) verpackt Gummidichtungen der Firma Moll. Der Technische Leiter Andreas Gußmann (links) erklärt die Abläufe. Neben ihm (v.l., hinten): Rebecca Gußmann-Leist (Werkstattleitung Pädagogik), Marius Sappok (Assistenz Projektleitung SIKONA®), Norbert Obry (Projektleitung SIKONA®) und Harry M. (Beschäftigter). Die Landespolitikerinnen Fadime Tuncer und Simone Fischer (Mitte) hören aufmerksam zu.