Der Aal ist vom Aussterben bedroht. Einer der Gründe für den Bestandsrückgang sind die Schleusen und Kraftwerke in den Flüssen. Wegen unzureichender Schutzmaßnahmen sterben die Wanderfische in den Turbinen - auch in den Wasserkraftwerken Schwabenheim, Ladenburg und Feudenheim. „Die Blankaale werden regelrecht geschreddert“, sagte Claus Neuer vom Aktionsbündnis Unterer Neckar bei einer Informations-Radtour zum Thema Fischschutz.
Dazu hatten die drei Landtagsabgeordneten der GRÜNEN, Dr. Susanne Aschhoff aus Mannheim, Fadime Tuncer aus Schriesheim und Theresia Bauer aus Heidelberg, eingeladen. Unter dem Motto „Fahrrad sucht Fisch“ radelten die Abgeordneten mit dem baden-württembergischen Umweltstaatssekretär Dr. Andre Baumann und über 30 interessierten Bürger:innen 20 Kilometer am Neckar entlang. An den drei Staustufen machten sie Halt, inspizierten die Schleusen und die Fischtreppe in Ladenburg.
An der Schleuse Schwabenheim erklärten Paul Hennze vom NABU Mannheim und der Naturschutz-Referent der Pachtgemeinschaft Kurpfalz, Claus Neuer, die Probleme: „Die Gitterstäbe der Rechenanlagen am Einlauf der Turbinen stehen zu weit auseinander. Sie fangen zwar Treibgut und größere Fische ab, aber Jungfische und schlanke Aale kommen durch. Deshalb fordern wir einen Abstand von maximal 1,5 cm.“ Außerdem sei die Einströmge-schwindigkeit des Wassers zu hoch. „Die Geschwindigkeit vor der Turbine muss auf maximal 0,3 Meter pro Sekunde verringert werden, so dass Jungfische aus eigener Kraft wegschwimmen können“. Schließlich würde es helfen, die Walzen bei den ersten Herbst- und Winter-hochwassern leicht anzuheben. „Dann können die Aale, die zum Laichen ins Meer zurückschwimmen wollen, am Boden abwandern“, erläuterte Hennze. Das Aktionsbündnis Unte-rer Neckar fordert, dass entsprechende Vorgaben gesetzlich festgeschrieben werden.
Damit trafen sie bei den grünen Landtagsabgeordneten und Umweltstaatssekretär Baumann auf offene Ohren. „Der Neckar ist unser Landesfluss, für ihn tragen wir besondere Verantwortung. Bislang können Wanderfischarten leider nur schlecht den Neckar durchwandern. Wir sind darum im intensiven Austausch mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und der Neckar-AG, um so schnell wie möglich zu Verbesserungen für Fischarten zu kommen“, sagte Baumann.
“Der Austausch vor Ort hat noch einmal verdeutlicht, wie wichtig Maßnahmen zum Schutz der Fische sind“, sagte auch Fadime Tuncer, die zuständige Abgeordnete für Weinheim und die Neckar- und Bergstraßen-Kommunen. Susanne Aschhoff ergänzte: „Mit der Neckarrenaturierung sind wir schon auf dem richtigen Weg. Wir müssen aber dranbleiben und alles im Blick behalten“.
Der Europäische Aal legt bei einer erfolgreichen Lebensreise bis zu 12 000 Kilometer zurück: als Larve treibt er von der Sargassosee östlich von Florida mit dem Golfstrom Richtung Europa, wandert dann als heranwachsender Gelbaal die Flüsse hinauf, um nach Jahrzehnten als erwachsener Blankaal zurück in die Sargassosee zu schwimmen. Dort laicht er ein einziges Mal und stirbt. „Der Europäische Aal ist einzigartig“, so der BUND, „aber wir stehen kurz davor, ihn für immer zu verlieren“. Überfischung im Atlantik, Verlust von Lebensräumen, blockierte Wanderwege, Verschmutzung, Krankheiten und Parasiten haben den Fisch auf rund zehn Prozent seines einstigen Bestandes dezimiert. Zuhauf wird der kleine Glasaal vor der französischen Küste gefangen – legal und illegal.
„Jedes Jahr werden geschätzte 240 bis 450 Millionen Glasaale nach Asien geschmuggelt. Damit wird mehr verdient als mit Drogen“, berichtete Neuer. Die legal gefangenen Glasaale werden in europäischen Aquakulturen aufgezogen und später in den Flüssen ausgesetzt. „Aus eigener Kraft schaffen sie den Aufstieg wegen der Querbauten nicht mehr,“ so Neuer. Auf der schiffbaren Neckarstrecke zwischen Mannheim und Plochingen blockieren 27 Staustufen die Wanderung. „Dort gibt es nur wenige funktionierende Fischtreppen. Sie sind zu alt, zu klein oder wegen falscher Strömungsleitung für die Fische nicht auffindbar“, sagte Neuer, „Ladenburg ist noch eine der Besten“. Aber selbst dort drohen Gefahren. „Kormorane sitzen an der Fischtreppe wie an einem gedeckten Tisch,“ so der Experte. Deshalb fordert die Ak-tionsgemeinschaft eine Modernisierung und Verbesserung der Fischtreppen, um den Aalen und anderen Wanderfischen einen sicheren Aufstieg zu ermöglichen.
Bis dahin wird die Pachtgesellschaft wohl auch weiterhin Glasaale im Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe auf dem 35 Kilometer langen Neckar-Abschnitt von Mannheim bis zur hessischen Landesgrenze in Neckargemünd aussetzen; dieses Jahr waren es 285 Kilogramm. Der Aalbesatz ist als Maßnahme zur Wiederansiedlung des Fisches gedacht, wird aber inzwischen von Naturschutzverbänden als kontraproduktiv kritisiert.
Der Schutz der Gewässer auch als Lebensraum für Fischarten treibt auch den grünen Umweltstaatssekretär und ehemaligen NABU-Landesverbandsvorsitzenden Andre Baumann um. „Der Untere Neckar ist kurz nach Mündung des Neckars in den Rhein das Tor zum gesamten Neckar. Und wenn durch das Tor nur wenige Fische passieren können, hat dies fatale Folgen für den gesamten Fluss.“
Zum Abschluss der Tour versammelten sich die Radfahrer:innen an der Schleuse Feudenheim, wo nach Sanierung eine Schleusenkammer nicht mehr benötigt wird. „Dort haben wir zwei eingesperrte Biber gefunden“, berichtete Paul Hennze. „Einen konnten wir retten, der andere war ertrunken“. Der Naturschützer fordert deshalb, die Schleusenkammer zu öffnen: „Sie könnte der Natur als dringend benötigte Flachwasserzone dienen“. Die grüne Landtagsabgeordnete für Mannheim Nord, Dr. Susanne Aschhoff, sieht die Chance dafür im Rahmen der Neckarrenaturierung der Feudenheimer Au gegeben. Sie ist zuversichtlich, dass sich durch die Renaturierung die Lebensbedingungen für Fische und Tiere verbessern.
Fadime Tuncer und ihre Kolleginnen zeigten sich sichtlich bewegt von den Berichten der Naturschützer. „Wir bleiben beim Thema Tier- und Fischschutz am Ball“, versprachen sie.
Eine Veröffentlichung in der Rhein-Neckar Zeitung zu unserer informativen Radtour am Neckar finden Sie hier. Den Bericht in der Ladenburger Zeitung finden Sie hier.