Wer auf den Gräberfeldern des Ersten Weltkrieges in Verdun, Flandern oder an der Somme steht, erkennt voller Demut die Bedeutung dieser Gedenkorte. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. und seine französischen, belgischen, britischen Pendants unterhalten diese Friedhöfe mit ihren Informationszentren seit über 100 Jahren.
Rhein-Neckar-Zeitung vom 4. Oktober 2025 Sie leisten damit wertvolle Erinnerungsarbeit und haben massgeblich zur Versöhnung ehemals verfeindeter Nationen in Europa beigetragen.
Gerne habe ich deshalb auch diesen Oktober wieder bei der alljährlichen Spendensammlung des Bezirksverbandes Nordbaden mitgewirkt. Gemeinsam mit dem Ehrenamtlichen Rainer Hemmel und Mitarbeitenden der Gemeindeverwaltung haben wir in Dossenheim Geld gesammelt.
Die Rhein-Neckar-Zeitung hat am 4. Oktober 2025 in ihrer Heidelberg-Ausgabe über unsere Spendensammlung in Dossenheim berichtet.
Den Bericht des Volksbund-Bezirksverbandes Nordbaden finden Sie hier.
Zum Hintergrund:
Was 1919 mit einer würdigen Bestattung von Kriegstoten durch den damals neugegründeten Volksbund begann, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg um internationale Jugendbegegnungen und Bildungsarbeit erweitert. Im Auftrag der Bundesregierung betreut der Volksbund heute in 46 Ländern über 830 Friedhöfe mit 2,8 Millionen Kriegstoten. Internationale Jugendgruppen arbeiten bei Workcamps auf französischen, deutschen oder Commonwealth-Friedhöfen. Sie pflegen dort gemeinsam die Grünanlagen und die Gräber ihrer ehedem verfeindeten Urgroßväter.
Seit 2023 gelten 139 Kriegsgräberstätten des Ersten Weltkrieges als UNESCO-Weltkulturerbe. 23 dieser Gedenkorte entlang der damaligen Westfront in Belgien und Frankreich werden vom Volksbund betreut. Darunter ist auch der sogenannte Studentenfriedhof im belgischen Langemark, wo über 44.000 deutsche Soldaten ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.
Wie man auf der Volksbund-Website unter #volksbundhistory und in der Informations- und Erinnerungsstätte am Friedhof erfährt, wurde der Tod von kriegsfreiwilligen Studenten, Lehrlingen und Schülern während der ersten Flandernschlacht im November 1914 zum Heldenmythos hochstilisiert. Rund 2000 zumeist schlecht ausgebildete und mangelhaft ausgerüstete deutsche Soldaten starben allein am 10. November in der Nähe von Langemark bei Ypern.
Die Oberste Heeresleitung kommentierte die Ereignisse dieser Schlacht als heldenhaften Opfergang der jungen Soldaten. Fast alle deutschen Zeitungen druckten den Bericht damals unkritisch auf ihren Titelseiten ab und trugen so zur Entstehung des "Mythos von Langemark" bei. Der Mythos gilt als erstes bedeutendes Beispiel der vielen erfolgreichen Versuche im 1. Weltkrieg, militärische Niederlagen als moralische Siege zu präsentieren.
Ende der 1920er Jahren trieb die deutsche Studentenschaft den Bau des Soldatenfriedhofes und vor allem seine Instrumentalisierung finanziell und ideell voran. Auch der Weinheimer Senioren-Convent war damals involviert. Der Convent hat sich auf dem Ehrenfeld unter „deutschen Eichen“ mit einem Stein verewigt, so wie auch die anderen Geldgeber. Die Nazis versuchten schließlich mit dem „Mythos von Langemark“ erneut Kriegsbegeisterung unter jungen Männern zu entfachen.
Die Auseinandersetzung mit unserer Geschichte an diesen Friedhöfen kann uns die Augen öffnen für all die brandgefährlichen Mechanismen, die populistischen und propagandistischen Instrumentalisierungen, die Kriege befördern – damals wie heute.
Und sie lässt uns voller Demut und Dankbarkeit erkennen, wie kostbar die deutsch-französische Freundschaft ist, die seit den 1950er Jahren den Kern unseres geeinten Europas bildet. Wie der frühere luxemburgische EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker einmal sagte: "Wer an Europa zweifelt, wer gar an Europa verzweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen."